Waren Anfang letzten Jahres 51 Prozent der deutschen Bevölkerung römisch-katholisch oder evangelisch, waren es 1990 noch 72 Prozent. Der Abwärtstrend ist schon lange zu beobachten, hat sich aber in den letzten sechs Jahren stärker beschleunigt als bisher angenommen.

Nach Schätzungen der sozialwissenschaftlichen Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland (fowid), die sich im organisatorischen Rahmen der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) mit den Weltanschauungen in Deutschland befasst, sind in diesem Jahr erstmals seit Jahrhunderten wieder Katholiken und die Gesamtzahl der Mitglieder der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Deutschland.

Waren Anfang letzten Jahres 51 Prozent der deutschen Bevölkerung römisch-katholisch oder evangelisch, waren es 1990 noch 72 Prozent. Der rückläufige Trend sei seit langem zu beobachten, habe sich aber in den letzten sechs Jahren stärker beschleunigt als bisher angenommen, sagte Carsten Frerk, Forscher bei fowid, laut dem Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel und betonte, dass zwischen 2000 und 2015 sanken die Kirchen jährlich um etwa 0,6 bis 0. Sie verloren 0,8 Prozentpunkte ihres Bevölkerungsanteils, aber seit 2016 beträgt der jährliche Rückgang 1,0 bis 1,4 Prozentpunkte.

Erst im Sommer veröffentlichen die Kirchen offiziell die neusten Daten für Ende 2021. Ende 2020 lebten nach neuesten Erkenntnissen 22,2 Millionen Katholiken und 20,2 Millionen Protestanten im Land. Bis Ende letzten Jahres könnte ihre Zahl auf 21,8 Millionen bzw. 19,7 Millionen gesunken sein. Das entspricht einem Anteil von 50 Prozent der rund 83 Millionen Einwohner.

Der Rückgang des Einflusses der beiden großen christlichen Kirchen lässt sich auf mehrere Faktoren zurückführen. Neben der Alterung der Gesellschaft spielen beispielsweise Bestrebungen zur Steueroptimierung eine Rolle, da der Staat Katholiken und Protestanten einen Teil der Einnahmen in Form der Kirchensteuer entzieht und an die jeweilige Kirche abführt, und diese kann durch Kündigung der Kirchenmitgliedschaft verhindert werden.

Die Kindesmissbrauchs- und Belästigungsskandale, die die katholische Kirche erschütterten, führten auch zu Austrittswellen, in deren Verlauf unter anderem bekannt wurde, dass allein im Bistum München-Freising zwischen 1945 und 2019 mindestens 497 Kinder und Jugendliche starben sei sexuell missbraucht worden.

Da sich die Zahl der Mitglieder kleinerer christlicher Gemeinden, darunter auch Freikirchen und orthodox-christliche Strömungen, in die Millionen belaufe, liege der Anteil der Christen in Deutschland aber immer noch bei über 50 Prozent, wies der Spiegel darauf hin die auf seinem Nachrichtenportal veröffentlichte Zusammenstellung.

MTI

Foto: Daniel Karmann/EPA/Landov