Nur vier Monate nach der Bildung der zu 50 Prozent aus Frauen bestehenden Bundesregierung geht die Familienministerin, die Grünen-Politikerin, die die Frauenquote präzise durchgesetzt hat, mit einer Abfindung aus.

Hintergrund ist, dass Anne Spiegel, die als Landesministerin für Umwelt und Klima beim letztjährigen Hochwasser mit letztlich 134 Todesopfern auch für den Katastrophenschutz im Ahrtal zuständig war, für den Posten ausgewählt wurde - der hätte berufen werden können ihre Führungsqualitäten und ihr Situationsbewusstsein von Anfang an in Frage stellte (insbesondere, dass er in der Erklärung, die in den Stunden vor der Katastrophe abgegeben wurde, den Satz „extreme Überschwemmungen werden nicht erwartet“ billigte, aber bemerkte, dass eines der Substantive nicht in a geschrieben war geschlechtsneutral),

Allerdings wurde nun auch bekannt, dass er und seine Familie mitten in den Rettungsarbeiten einen vierwöchigen Urlaub nach Frankreich machten.

Schon an dieser Stelle können wir uns verunsichern: Fahren die Frauen wirklich gut mit den Frauenquoten, wenn man sie, um das Minimum von 50 Prozent zu erreichen, in eine glücklich-unglückliche Position bringen muss, nur um dann spektakulär zu scheitern das Ende der Primetime, die Vorurteile verstärken, die wir abbauen wollen? Sind 30 Prozent akzeptable weibliche Vorbilder (falls zutreffend) nicht erstrebenswerter als 50 Prozent Quotenfrauen, darunter 20 Prozent inkompetente Karrieristen, deren dumme Sätze voll von allen Nachrichtenportalen sind? (Zu unserem Glück scheint sich zumindest ein nationaler Konsens zu dem Thema abzuzeichnen: Obwohl Tímea Szabó – die Grand Dame der sanften, kompromittierenden Frauenpolitik – 2014 sogar einen Gesetzentwurf eingebracht hat, damit Frauen und Männer streng abwechselnd in der Partei auftreten Listen, auf der aktuellen Oppositionsliste die ersten vier Kandidaten des Párbeszéd, sind sie doch alle Männer - offensichtlich nicht aus altmodischem männlichen Chauvinismus, sondern weil sie ihre überzeugendsten Leute waren: MZP, Gergely Karácsony und Kocsis-Cake "Don' kaufe ab morgen kein Benzin mehr" Olivio. Wie können Frauen denn sein???)

Noch nachdenklicher ist aber die Begründung von Anne Spiegel, mit der sie auf einer Pressekonferenz versuchte, ihren fürchterlich getimten einmonatigen Familienurlaub zu rechtfertigen, in der Hoffnung, mit einer peinlichen Verteidigungsrede ihren Posten zu halten.

Die Ministerin, die vier Kinder hat, sagte: Ihr Mann hatte 2019 einen Schlaganfall, und seitdem muss er allen Stress vermeiden, und die Covid-Quarantänezeit forderte ihren Tribut von ihren Kindern, die immer noch nur Kindergarten und Realschule besuchen Alter. Deshalb mussten sie sich letztes Jahr gemeinsam etwas entspannen.

All das ist an sich vollkommen verständlich, und wir spüren es sogar gemeinsam – außer.

Liest man die Biografie der Politikerin, sieht man, dass sie neben ihrem Amt als Landesfamilienminister Ende 2019 (wenige Monate nach dem Schlaganfall ihres Mannes) in den Nationalrat der Grünen gewählt wurde 2021 (mitten in Covid) übernahm er auch das Provinz-Umweltschutzressort und die Führung des Energieministeriums und (sicherheitshalber) den Posten des stellvertretenden Ministerpräsidenten, dazu wurde er Listenführer der Grünen bei den Landtagswahlen. Während ihr Mann die vier Kinder während der Schließungen wegen des Coronavirus im 100 Kilometer entfernten Zuhause betreute.

Naja, nach all dem erscheint es doch etwas gewagt, wegen der Sommermüdigkeit 2021 an die Wähler um Verständnis zu appellieren. Mit besonderer Rücksicht auf jene Wähler, die ihre Angehörigen und/oder ihre gesamte Existenz durch die tragisch misslungene Flut im vergangenen Jahr verloren haben.

Tatsächlich scheinen wir - zusätzlich zum Scheitern des Quotensystems - Zeugen des Scheiterns einer modernen Lebenslüge zu werden: nämlich, dass alles mit allem vereinbar ist, dass wir jede sich bietende Karrierechance nutzen müssen selbst, sonst wird FOMO uns verschlingen; dass die Frau auch mit vier kleinen Kindern und einem Mann, der einen Schlaganfall erlitten hat, problemlos aufsteigen kann, weil sie es kann und weil

Nur selbstzerstörerische Mütter untersuchen mit ihren Kindern am späten Nachmittag auf dem Heimweg vom Spielplatz kleine Arthropoden, statt mit Kopfhörern im Ohr vom Büro aus zum Abendessen zu gehen.

Wer es sich leisten kann, wer eine Affinität dazu hat, kann natürlich die Verantwortung übernehmen, die mit einer privilegierten Position als Mutter kleiner Kinder verbunden ist, keine Frage – es wäre nicht fair, wenn Männer mit ohnehin schon kürzeren Lebensjahren dies tun müssten all die stressige Arbeit, die das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht.

Haladárék hat es jedoch geschafft, dies so weit zu entwickeln, dass Frauen in die belastenden Führungspositionen einbezogen werden, weil sie so jemand werden und weil das Gleichheit ist, wenn gleich viele Frauen in den mitternächtlichen Krisensitzungen des Betriebs sitzen Komitees, wie es Männer gibt.

Und wenn eine Frau es wagt zu sagen, dass wir nicht ständig mit Männern konkurrieren müssen und dass wir nicht jeden Moment unseres Lebens mindestens gleich viel verdienen müssen, brechen Schreie aus, dass wie kann jemand das sagen, das ist pure Frauenfeindlichkeit . Allerdings hätte Anne Spiegel wahrscheinlich nicht vor zwei gnadenlosen Mikrofonen über ihre familiären Misserfolge aussagen müssen, und vielleicht hätte sie nicht einmal mit der Erinnerung an das tragische Hochwasser leben müssen, wenn sie es gewagt hätte, eine Weile zu bremsen Beginn der Epidemie, den Kindern zuliebe (die eben das sind, egal ob Gleichberechtigung und Rollenwechsel hier oder da, sie weinen nicht gezielt um ihre Mutter, wenn etwas wehtut - das ist so ein komisches konservatives Kneifen für Sie).

Das wäre der wahrhaft emanzipierte Schritt gewesen: notfalls die eigenen Grenzen zu erkennen und sich nicht mit dem Preis einer Quotenkarriere treiben zu lassen – in dem beruhigenden Wissen, dass der Ruhestand noch in weiter Ferne ist, bleibt viel Zeit, sich zu bewegen an und finde die richtigen Positionen, so Gott will.

Wenn es meiner Mutter damals gelang, dem unbeugsamen XX. Jahrhundert, dann kann auch in den 2020er Jahren jede aufgeklärte Frau glauben, dass es in Ordnung ist, ab und zu die Notbremse zu ziehen.

Auf dem Titelbild hält Bundesfamilienministerin Anne Spiegel am 10. April 2022 in Berlin eine Pressekonferenz, bei der sie ihren Rücktritt bekannt gibt. Quelle: MTI/AP/DPA/Annette Riedl

Francesca Rivafinoli / vasarnap.hu