Die moderne Welt von heute will schnell, einfach und im Voraus geplant sein. In Industrieländern sind so kontrollierte, vorher festgelegte Kaiserschnitte in Mode gekommen. Laut dem Geburtshelfer und Gynäkologen Michael Odent werden dem Fötus mit dieser Eile jedoch wichtige Hormone entzogen, die nur während der Wehen produziert werden, berichtet Anna Kismarty auf dem Portal vasarnap.ku.
Brauchen wir Kindermädchen? Wie sieht die Zukunft der menschlichen Elternschaft aus? Was passiert, wenn wir die natürlichen Hormone, die physiologische Mechanismen steuern, schrittweise durch Medikamente ersetzen? Wird erwartet, dass sich der Homo sapiens in Bezug auf die Art und Weise entwickelt, wie Neugeborene geboren werden? Michel Odent, ein weltbekannter Geburtshelfer und Forscher, sucht Antworten auf solche und ähnliche Fragen in in seinem Buch, das jetzt auf Ungarisch erschienen ist. Der 92-jährige Mediziner erforscht mit seinem breiten, interdisziplinären Ansatz die Zukunft der Geburt.
Odent begann 1953 als Geburtshelfer und Gynäkologe zu praktizieren. Damals galt der Kaiserschnitt als riskantes Verfahren, da man der Meinung war, dass die Geburt so sein sollte wie in den vergangenen Jahrhunderten. Zu dieser Zeit gab es weder Oxytocin noch eine ständige Überwachung. Die Hebammen folgten keinem strengen Protokoll, sondern stellten die Bedürfnisse der Gebärenden in den Vordergrund. Dementsprechend brachten Frauen ihre Kinder in einem kleinen, dunklen Raum zur Welt. In einer friedlichen Umgebung blieben Hebammen meist in einer Ecke und griffen nur ein, wenn die Frauen sie brauchten. Die Ärzte waren nur bei der Geburt des Babys anwesend. Diese natürlichen, friedlichen Geburten waren selten mit Komplikationen verbunden. Sie waren nicht im Voraus geplant, nicht begleitet von künstlichem Licht, Eile und unnötigem Adrenalin. Genau deshalb sei es laut Odent wichtig, Wehen und künstlich herbeigeführte Kaiserschnitte neu zu interpretieren.
Obwohl viele Menschen es sehr bequem finden, zu einem vorgeplanten Zeitpunkt zu gebären, seien die Bedürfnisse von Babys, so die Fachärztin, völlig andere. Während der natürlichen Wehen werden viele Hormone produziert, die sie in ihrem späteren, reifen Leben benötigen. Fehlen die Wehen, werden zum Beispiel die Hormone nicht produziert, die die Lungen der Babys für die Außenwelt fit machen.
Laut dem Geburtshelfer-Gynäkologen ist es an der Zeit, die wichtigsten Fragen zu stellen. Warum fällt es manchen Frauen schwer, zu gebären, während es anderen Müttern leichter fällt? Warum achten Krankenhäuser nicht mehr auf die Bedürfnisse von Frauen und Babys? Wie viel Schaden richtet die „Industrialisierung“ und die Beschleunigung der Geburten in einer sich ständig beschleunigenden Welt an?
Die Antwort liegt auf der Hand: Die Hauptüberlegung im Krankenhausprotokoll sollte sein, dass die Wehen eine wichtige vorgeburtliche Phase im Leben des Neugeborenen sind.
Sowie die Anpassung des medizinischen Protokolls an die Bedürfnisse der Mutter und des Kindes. Odent betonte: Im Zeitalter der pharmakologischen Hilfsmittel seien den Ärzten einfache und sichere Kaiserschnitte wichtiger als die Tatsache, dass weder die Mutter noch der Fötus Zugang zu bestimmten Hormonen erhalten, die beispielsweise bei der Gewinnung eine große Rolle spielen Sozialisationsfähigkeiten oder in der Geruchsentwicklung.
Deshalb lautet die grundlegende Frage unserer Zukunft, ob die moderne Medizin wirklich etwas für Frauen, Kinder und die nächste Generation sein wird, oder ob geplante, wehenfreie Kaiserschnitte in Zeiten allgemeiner Eile in Mode bleiben. Wird die Menschheit endlich erkennen, dass das Mutterwerden und die Geburt eines Kindes – als das größte Wunder Gottes – nicht überstürzt werden kann und sollte.
Quelle: vasarnap.hu/Kismarty Anna
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