Der Rechtsstreit blieb die einzig gangbare Option.
Polen könnte nun eine realistische Chance haben, Talgo zu erwerben. Nachdem die spanische Regierung die Ungarn mit fadenscheinigen Gründen aus dem Geschäft geworfen hat, kann der Eisenbahnriese an die Polen übergeben werden.
Die polnische Regierung verhandelt mit der spanischen Regierung über den Kauf von Talgo, berichteten polnische Medien unter Berufung auf die Zeitung Business Insider Polska.
Talgo ist der spanische Eisenbahnriese, dessen Verkauf an ein ungarisches Konsortium, die Magyar Vagon-Gruppe, vom Kabinett von Pedro Sánchez unter Berufung auf von ihm vorgelegte Gründe abgelehnt wurde.
Nun scheint es jedoch, dass die Spanier den polnischen Interessen nicht im Weg stehen werden, sodass der polnische Staat den Ungarn das Geschäft des Jahrhunderts stehlen kann. Zumindest die polnische Regierungskoalition denkt ernsthaft darüber nach, das Unternehmen über Pesa (den Marktführer im polnischen Schienenfahrzeugbau) zu übernehmen und so den Ausbau der polnischen Hochgeschwindigkeitsbahn zu unterstützen.
Das Megaprojekt der polnischen Regierung ist der Centralny Port Komunikacyjny (CPK), der auch die Produktion von Superzügen erfordert. CPK ist ohne Übertreibung eine einzigartige polnische und sogar europäische Idee. Etwa 40 Kilometer südwestlich von Warschau würde ein völlig neuer Flughafen entstehen. Ich würde dies mit einer brandneuen Hochgeschwindigkeits-Schieneninfrastruktur und Autobahn an das Verkehrsnetz anschließen.
Über den Bau des CPK ist jedoch noch keine offizielle Entscheidung gefallen. Allerdings haben Talgo und PSA vor einigen Wochen eine Zusammenarbeit für die Produktion der künftigen Züge unterzeichnet, was die Ernsthaftigkeit der Umsetzung zeigt, denn einer der größten Mängel des Projekts bestand bisher darin, dass es keine polnischen Kapazitäten dafür gab Produktion von Superzügen. Davon gibt es nicht viele auf der Welt:
- der französische Alstom,
- der deutsche Siemens,
- der japanische Hitachi
- und der spanische Talgo.
Die Lösung des Kapazitätsproblems ist dringend erforderlich, da in Polen bald mit dem Bau der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Warschau, Lódz und Boroszló begonnen wird. Dies ist der erste Abschnitt einer insgesamt rund 2.000 Kilometer langen neuen Eisenbahnstrecke.
Die polnische Regierung unter Donald Tusk ist inzwischen aktiv geworden und will das spanische Unternehmen übernehmen. Quellen aus dem Umfeld des polnischen Kabinetts zufolge hat Polen die spanische Regierung um Unterstützung für das Abkommen gebeten und sogar mit Premierminister Pedro Sánchez verhandelt. Sollte das polnische Angebot die Sympathie des spanischen Managements gewinnen – das ist durchaus möglich – wird es ein entscheidender Moment sein, die Aktionäre der an der spanischen Börse notierten Talgo davon zu überzeugen, ihre Papiere zu verkaufen.
Dafür müssen sie einen unwiderstehlichen Preis versprechen, schon allein deshalb, weil Magyar Vagon Talgo für 620 Millionen Euro gekauft hätte, also 5 Euro pro Aktie.
Dies wurde vom Management und den Aktionären einstimmig angenommen, mit der Ausnahme, dass die spanische Regierung ein politisches Veto einlegte und behauptete, hinter den Ungarn stünden russische Verbindungen.
Belege hierfür legte er jedoch nicht vor.
Magyar Vagon sah sich gezwungen, sein Angebot zurückzuziehen und kündigte sofort an, die Entscheidung der spanischen Regierung in allen rechtlichen Foren anzufechten. Magyar Vagon blieb dem Kauf von Talgo gegenüber offen, aber angesichts der jüngsten Entwicklungen wird es immer sicherer, dass nur noch ein Rechtsstreit übrig bleibt. Polen könnte nun eine realistische Chance haben, Talgo zu erwerben.
Piotr Malepszak, stellvertretender Minister für Infrastruktur, bestätigte zuvor, dass die polnische Regierung aktiv an der Übernahme interessiert sei. Nach Einschätzung polnischer Medien wäre Pesa ein idealer neuer Eigentümer, zumal sein Eigentümer, der Polish Development Fund (PFR), über viel Erfahrung in der Durchführung verschiedener Investitionen verfügt.
Talgo gilt als vielversprechende Chance auf dem Eisenbahnmarkt. Im Jahr 2023 lag der Umsatz bei über 650 Millionen und die Bestellungen bei über 4,2 Milliarden Euro. Das Unternehmen liefert Züge unter anderem nach Deutschland, Dänemark, in die USA, nach Ägypten und Saudi-Arabien. Und der nächste Großauftrag könnte ein polnischer Auftrag sein, wenn Polen die Gunst der Spanier gewinnt.
Titelbild: Polnischer Premierminister Donald Tusk
Quelle: MTI/EPA/Olivier Hoslet