Brüsseler Politiker betreiben nebenbei Lobbyarbeit. Das Europäische Parlament hat kürzlich die Einrichtung eines unabhängigen Gremiums zur Prüfung von Interessenkonflikten beschlossen, dieser Vorschlag wurde jedoch abgelehnt.

Die Europäische Union wird oft als Bastion der Transparenz und ethischen Regierungsführung bezeichnet, doch in letzter Zeit erheben immer mehr Menschen ihre Stimme wegen Unregelmäßigkeiten rund um die Nebeneinkünfte von Parlamentariern.

Einer aktuellen Analyse zufolge verfügt ein Drittel der Vertreter über Nebeneinkünfte, die sich in vielen Fällen auf erhebliche Beträge belaufen, ungeachtet der Tatsache, dass das monatliche Bruttogehalt von 11.000 Euro grundsätzlich ihre Unabhängigkeit gewährleisten sollte.

Laut Analysen des deutschen SPIEGEL, des ZDF und des österreichischen Standards meldeten 216 der 717 Abgeordneten des EU-Parlaments Nebeneinkünfte, die sich auf insgesamt 6,3 Millionen Euro pro Jahr belaufen. Bei den Nebeneinnahmen liegen den Analysen zufolge die deutschen Vertreter an der Spitze und erwirtschaften auf diese Weise insgesamt knapp 1,3 Millionen Euro.

Vier der zehn Abgeordneten mit den höchsten Zusatzeinkommen sind Deutsche, darunter Engin Eroglu, Manfred Weber, Angelika Niebler und Stefan Köhler.

So verdient Engin Eroglu zwar mit der Vermietung von Immobilien jährlich 177.500 Euro, während Manfred Weber, der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei, für sein Amt als Präsident fast 170.000 Euro erhält. Angelika Niebler, seit 1999 Bundestagsabgeordnete, verdient mit ihrer Beratungstätigkeit jährlich 170.000 Euro zusätzlich. Köhler, neu gewähltes Mitglied des EU-Parlaments, verdient als Präsident des Bayerischen Bauernverbandes 50.000 Euro im Jahr.

Obwohl Nebeneinkünfte nicht verboten sind, können sie zu erheblichen Interessenkonflikten führen.

Angelika Niebler beispielsweise arbeitet für die Anwaltskanzlei Gibson, Dunn & Crutcher, die als Lobbygruppe in der EU fungiert. Das Büro engagiert sich unter anderem für die Erneuerbare-Energien-Richtlinie, während Niebler im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie sitzt. Solche Situationen werfen unweigerlich die Frage auf: Kann in diesen Angelegenheiten überhaupt ein Einfluss gemessen werden?

Auch das Verhältnis von Stefan Köhler zum Bayerischen Bauernverband ist besorgniserregend, da der Verband zu den stärksten Lobbyorganisationen der EU zählt. Köhler beteiligt sich aktiv an der Arbeit der Lebensmittelsicherheits- und Agrarausschüsse der EU, während sich der Bauernverband für EU-Agrarsubventionen einsetzt.

Seit 2012 sind EU-Parlamentarier verpflichtet, ihre privaten Interessen und Nebenjobs offenzulegen. Allerdings sind die Daten häufig ungenau oder unvollständig, was weitere Fragen zur Transparenz aufwirft.

Das Europäische Parlament hat kürzlich die Einrichtung eines unabhängigen Gremiums zur Prüfung von Interessenkonflikten beschlossen, dieser Vorschlag wurde jedoch abgelehnt.

Laut dem Transparenzregister der Europäischen Union gibt es fast 12.000 Lobbyorganisationen, die verschiedene Branchen, Interessengruppen und multinationale Unternehmen vertreten. Organisationen wie BusinessEurope oder DigitalEurope setzen sich regelmäßig für eine Lockerung wirtschaftlicher Regulierungen ein, während andere Gruppen, wie beispielsweise europäische Organisationen der Zivilgesellschaft, versuchen, Einfluss auf die Bereiche Menschenrechte und Umweltschutz zu nehmen.

In jüngster Zeit haben mehrere Korruptionsskandale deutlich gemacht, wie tief der Einfluss von Lobbyarbeit und Geld in der EU-Entscheidungsfindung verankert ist. Der Katargate-Skandal zeigte beispielsweise, wie ein ausländischer Staat versuchte, über europäische Vertreter Einfluss zu gewinnen.

Die Vertreter von Péter Magyar treffen sich auch häufig mit ausländischen Lobbyorganisationen. Anhand eines Rückblicks auf die Treffen der Tiszás-Abgeordneten Kinga Kollár lässt sich erkennen, dass sie regelmäßig Rücksprache mit der Organisation VÖWG hält.

Dies ist nicht verwunderlich, da es sich bei der VÖWG um eine überaus aktive österreichische Lobbyorganisation handelt, die die Interessen der Akteure der österreichischen Staats- und Sozialwirtschaft sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene vertritt. Ihre Tätigkeit unterliegt den österreichischen Lobbygesetzen. Kinga Kollár traf sich im Oktober und November mit dieser Organisation und sprach bereits in einer ihrer ersten Parlamentsreden über die Notwendigkeit, in Ungarn Mietwohnungen nach österreichischem Vorbild zu bauen.

Eszter Lakatos, ebenfalls aus Tisza, bleibt nicht zurück, wenn es um Treffen mit Lobbyorganisationen und Vertretern multinationaler Unternehmen geht. Als Europaabgeordneter berät er häufig Vertreter multinationaler Unternehmen wie Johnson & Johnson, Mastercard Europe, das Consortium for BatteryInnovation und KPMG, vermutlich zusammen mit anderen Europaabgeordneten.

Besonders hervorzuheben ist, dass die Mitarbeiter von Eszter Lakatos bereits ein Treffen mit Vertretern des US-Außenministeriums und der amerikanischen Industrie- und Handelskammer organisiert haben.

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Titelbild: Péter Magyar und Kinga Kollár
Quelle: Facebook/Kinga Kollár