Das klimapolitische Programm der Europäischen Union fordert, dass alle in Verkehr gebrachten Pkw und leichten Lkw nach 235 Jahren emissionsfrei sein müssen. Magyar Hírlap hat Professor Ferenc Anisits, Ingenieur, ehemaliger Entwicklungsleiter von BMW, zu diesem Thema befragt

Laut Anisits sieht das Programm vor, zwölf Maßnahmen in den Bereichen Klima, Energie, Landnutzung, Verkehr und Besteuerung so umzugestalten, dass der Nettoausstoß von Treibhausgasen bis 2030 um mindestens fünfundfünfzig Prozent gegenüber dem Vorjahr sinkt Zustand 1990.

Das Erreichen des äußerst anspruchsvollen Ziels würde nur Sinn machen, wenn die Produktion des Elektroautos weltweit kohlendioxidfrei wäre. Um diesen Zustand beurteilen zu können, ist eine ökologische Betrachtung der globalen Wertschöpfungskette der Batterie unumgänglich. Lithium und Kobalt sind die beiden Grundelemente für die Herstellung von Batterieelektroden.

Der seltene Rohstoff Kobalt wird von chinesischen Unternehmen im Kongo mit Kinderarbeit unter menschenunwürdigen Bedingungen abgebaut. Die Rohstoffe für die Elektrode, Lithiumcarbonat und Kobalt, werden auf Schiffen mit fossilem Antrieb zwischen den Kontinenten transportiert und dann in dieselbetriebenen Lastwagen zu Batteriefabriken transportiert, wo reines Lithium chemisch hergestellt wird. Als Nebenprodukt des Prozesses entsteht Kohlendioxid (einhundertfünfzig bis einhundertsiebzig Kilogramm/kWh).

Der Betrieb des Elektroautos mit Strom, der mit fossilen Energieträgern verunreinigt ist, belastet das Klima global zusätzlich.

Eine Umstellung der Stromerzeugung auf rein erneuerbare Energien ist aufgrund der wechselnden Perioden (Tag und Nacht, sowie windstille und stürmische Perioden) nicht möglich. Um eine kontinuierliche Stromproduktion sicherzustellen, ist neben der Errichtung von Erneuerbare-Energien-Parks der Bau zusätzlicher traditioneller Blockheizkraftwerke oder Kern- und Wasserkraftwerke unumgänglich, um periodische Unterbrechungen der Stromerzeugung zu überbrücken. Das Negativbeispiel für den Parallelbetrieb der beiden Systeme sind Deutschland und Dänemark, wo der Anteil erneuerbarer Energien weltweit am größten und auch am teuersten an der Stromerzeugung ist. Kommt es bei der erneuerbaren Energieerzeugung ohne Speicherung zu einer Überproduktion, erscheint der erzeugte Strom als Verlust.

Wichtigste Voraussetzung für die Lösung ist die Speicherung erneuerbarer Energie in Wasserstoff. Dies erfordert die Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft (Elektrolyse von Wasser, Speicherung, Transport, Betankung). Die zweite Bedingung ist der vollständige Umbau des Stromnetzes in ein sogenanntes digitales Netz, in dem alle Erzeuger und Verbraucher in einer koordinierten digitalen gegenseitigen Datenbereitstellung kooperieren. Das ist auf Dauer machbar, extrem teuer, aber das einzig sinnvolle Konzept.

Ein strategisch kompetenter Mensch setzt nicht nur Ziele, sondern denkt auch Lösungskonzepte durch. Gelingt ihm das nicht, hört er auf den Rat von Experten. Ich bin nicht optimistisch. Dann wirken die Probleme und Fehlschläge bei der Umsetzung ernüchternd. Das ist die „Error, try again“-Methode, bei der die Lösung durch wiederholtes Scheitern und neue Versuche gesucht wird.

Das spektakulärste Scheitern wird es sein, wenn der globale Kohlendioxidgehalt weiter steigt und nicht sinkt. Aber die Probleme sind schon früher aufgetreten, wenn fossile Energie durch Strom ersetzt wird, die aktuelle Zahl der Tankstellen vervielfacht wird, die Kosten steigen, Flächen für Solar- und Windparks belegt werden und so weiter. Alles in allem wird „fit for 55“ Europas Wirtschaft zerstören, ohne die CO2-Emissionen um ein Jota zu verändern.

Quelle und vollständiger Artikel: Magyar Hírlap

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