Deutschland brauche 1,5 Millionen Einwanderer pro Jahr, sagte der Vorsitzende eines unabhängigen Wirtschaftsbeirats, der mit der Bundesregierung zusammenarbeitet. Dafür ist es dringend notwendig, eine „Kultur der Inklusion“ zu schaffen.

Monika Schnitzer, Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, betonte dies am Montag in einem Zeitungsinterview

Angesichts der 400.000 Auswanderer aus Deutschland pro Jahr sind jedes Jahr 1,5 Millionen „Neubürger“ erforderlich, um die Erwerbsbevölkerung auf dem gleichen Niveau zu halten.

Dafür müsse dringend eine „Willkommenskultur“ geschaffen werden, betonte der Professor für Vergleichende Wirtschaftswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). Ein solcher Kulturwandel bedeutet unter anderem, dass wir keine Einwanderungsbehörden brauchen, die „Menschen abschrecken, sondern Dienstleistungen erbringen“ und

Es ist nicht erforderlich, von ausländischen Bewerbern für alle Stellen Deutschkenntnisse zu erwarten, es ist jedoch anzustreben, dass alle Mitarbeiter der Ausländerbehörden Englisch beherrschen

er erklärte.

Er fügte hinzu, dass das Gesetz zur Regelung der Einwanderung von Nicht-EU-Arbeitnehmern ein Schritt in die richtige Richtung sei, aber noch viel mehr nötig sei. Wie er sagte, wenn das amerikanische Unternehmen Intel in Magdeburg eine Halbleiterfabrik bauen und ausländische Fachkräfte einstellen will, dann

Es muss dafür gesorgt werden, dass sich diese Menschen in der Stadt im Bundesland Sachsen-Anhalt auf dem Gebiet der ehemaligen DDR wohlfühlen können.

Gleichzeitig dürfe neben der Einwanderung auch das inländische Arbeitskräfteangebot nicht vernachlässigt werden, daher müsse der Bildung viel mehr Aufmerksamkeit und Geld gewidmet werden - betonte der Beiratsvorsitzende und unterstrich:

Deutschlands „Armutszeugnis“ besagt, dass 25 Prozent der Viertklässler nicht richtig lesen können.

Es muss auch erreicht werden, dass sich mehr Mädchen und Frauen für Berufe mit Bezug zu Technik, Informatik und Naturwissenschaften entscheiden, da in diesen Bereichen der Arbeitskräftemangel am größten ist und ältere Arbeitnehmer stärker wertgeschätzt werden müssen, damit sie nicht stattdessen den Vorruhestand wählen Arbeit, sagte Monika Schnitzer.

Im Juni verabschiedete der Bundestag das als eines der größten Vorhaben der Koalitionsregierung aus Sozialdemokraten (SPD), Grünen und Liberalen (FDP) entwickelte Einwanderungsgesetz, das die Chancen auf Zuwanderung erweitern soll Arbeitnehmer aus Ländern außerhalb der EU.

Nach Angaben der Regierung

Mit dem neuen Gesetz führt Deutschland das modernste Einwanderungssystem der Welt ein. Die wesentliche Neuerung ist die Einführung der sogenannten Zufallskarte, also eines Punktesystems.

Im kanadischen System können Punkte auf Grundlage der beruflichen Qualifikation, Deutsch- oder Englischkenntnisse, des Alters und früherer Bindungen zu Deutschland, beispielsweise eines längeren Aufenthalts in Deutschland, erworben werden. Vier Punkte werden beispielsweise für ein Zeugnis über einen Berufsabschluss vergeben, der in Deutschland eingebürgert werden kann. Wer mindestens sechs Punkte sammelt, erhält eine Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr zur Arbeitssuche vor Ort. Wer auch ohne Einbürgerung über ein gültiges Zertifikat verfügt, erhält automatisch die Chance-Karte. Für Berufe mit Bezug zu IT und Digitalisierung können anstelle eines Abschlusszeugnisses, das eine formale Schulausbildung, beispielsweise einen Hochschulabschluss, bescheinigt, Punkte auch mit Zeugnissen über die Berufsqualifikation erworben werden.

Zu den größten Neuerungen gehört die Regelung, dass Asylbewerber, die über entsprechende Qualifikationen verfügen und bereits ein Arbeitsangebot erhalten haben, eine Arbeitsaufenthaltserlaubnis beantragen können. Voraussetzung für die Einreichung des Erlaubnisantrags ist die Rücknahme des Asylantrags. Aufgrund der Bemühungen der FDP handelt es sich hierbei nicht um eine allgemeingültige Regelung, sondern um eine einmalige Erleichterung, die nur für Asylbewerber gilt, die vor April dieses Jahres angekommen sind. Dadurch wird nach Ansicht der Liberalen vermieden, dass die Möglichkeit der Erlangung einer Arbeitsaufenthaltserlaubnis ein sogenannter Pull- oder Anreizfaktor sei, der also die Attraktivität des deutschen Asylsystems weiter steigere und das Risiko illegaler Einwanderung erhöhe.

MTI

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