In Polen wird in letzter Zeit in der Öffentlichkeit vermehrt über die Chancen der Gründung eines möglichen polnisch-ukrainischen Bundesstaates gesprochen. Das ist vorerst nichts weiter als Fiktion, es wird viel in der Presse diskutiert, aber Politiker haben sich schon dafür und dagegen ausgesprochen.

Die Debatte wurde durch den auf dem Portal wPolityce.pl veröffentlichten Artikel des öffentlichen Schriftstellers Marek Budzisz eingeleitet, in dem er zum Nachdenken über die ideologischen Grundlagen der gemeinsamen Staatsstruktur aufrief. Ihm zufolge kann die polnisch-ukrainische Föderation spätestens in zehn Jahren verwirklicht werden. Tomasz Sakiewicz, der Chefredakteur der Gazeta Polska, stimmte der Idee zu und schrieb in seiner Wochenzeitung, dass die Ukrainer schon lange die historische polnische Republik Rzeczpospolita (zu der neben Litauen auch die heutige Westukraine gehörte) wiederherstellen wollten und den größten Teil des heutigen Weißrusslands).

Einige erinnern uns daran, dass es bereits 1920 eine polnisch-ukrainische Staatengemeinschaft gab, die sogenannte Pilsudski-Petljura-Union, als der entstehende unabhängige ukrainische Staat und der wiedergeborene polnische Staat gemeinsam gegen den gemeinsamen Feind Sowjetrussland kämpften.

Unter anderem Jerzy Marek Nowakowski, Historiker, Publizist, ehemaliger stellvertretender Staatssekretär, mehrfacher Botschafter und ehemaliger stellvertretender Minister für Landesverteidigung Romuald Szeremietiew plädierte für die Gründung der Föderation. Aber dieses Konzept taucht auch bei aktuellen Regierungsbeamten auf. So kann man auch die Festrede von Staatspräsident Andrzej Duda zum Tag der Verfassung am 3. Mai lesen, in der er von der „Verflechtung zweier Nationen“ sprach.

Und in diesen Kontext fügen sich die jüngsten polnisch-ukrainischen Regierungskonsultationen in Kiew ein, in deren Ergebnis mehrere Abkommen unterzeichnet wurden, unter anderem in den Bereichen Energie- und Klimapolitik sowie in Sachen Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg.

Mehrere Personen wenden sich gegen die Schaffung eines föderalen Staates. Der öffentlich-rechtliche Schriftsteller Jan Fiedorczuk bezeichnete in der Wochenzeitung Do Rzeczy die Idee einer gemeinsamen Staatsbildung als geradezu tödliche Gefahr aus Sicht der polnischen nationalen Interessen, deren Umsetzung seiner Meinung nach die Region destabilisieren würde schwerwiegende wirtschaftliche Folgen haben, einen direkten Konflikt zwischen Warschau und Moskau auslösen, die Professionalität der polnischen staatlichen Institutionen verschlechtern, ja sogar die bestehenden guten Beziehungen zwischen den beiden Nachbarländern zerstören könnten.

Den vollständigen Artikel von Magyar Nemzet können Sie hier lesen.

Autor: Péter T.Kovács

 Foto: MTI/AP ( Der Ukrainer Wolodymyr Selenskyj und der polnische Präsident Andrzej Duda geben sich nach ihrer Pressekonferenz in Kiew die Hand)