Auf den ersten Blick mag die Debatte, die in den vergangenen Wochen auf dem Balkan erneut für Schießereien gesorgt hat, banal erscheinen. Das Kosovo wollte das Gesetz durchsetzen, wonach Serben, die im nördlichen Teil seines Territoriums leben, ihre serbischen Nummernschilder durch kosovarische Kennzeichen ersetzen sollten. Angesichts der jahrhundertealten Geschichte und der komplizierten ethnischen Beziehungen des Balkans ist es jedoch kein Zufall, dass sich die Situation so entwickelt hat.

Die Völker der Halbinsel haben sich im Laufe der Geschichte mehrmals bekämpft, kein Wunder, dass das Gebiet den Beinamen „Schießpulverfass“ erhielt. Der Balkan wird von religiösen und ethnischen Spannungen belastet, die sich im Laufe der Jahrhunderte nicht nur abgeschwächt, sondern sogar verstärkt haben. Zuletzt war es der Südslawenkrieg Anfang der 1990er Jahre, der die Differenzen verschärfte. Und auch der Friedensvertrag, der sie abschließen sollte, brachte keine beruhigende Regelung.

Als Spannungsquelle blieb die trinationale Bosnien-Herzegowina-Kosovo-Frage bis heute ungelöst, obwohl der mehrheitlich albanische Staat 2008 seine Unabhängigkeit erklärte.

Darüber hinaus können auch die inzwischen EU-Mitglieder Kroaten und Slowenen in territorialen Fragen gravierende Meinungsverschiedenheiten aufweisen, wie das Beispiel der Piraner Bucht in den letzten Jahren gezeigt hat. Die Beziehungen sind daher kompliziert und die Situation ist besonders schwierig, weil in den meisten Fällen jede Partei etwas Wahres hinter ihrer Position hat. In den frühen 2010er Jahren schien es jedoch, dass es keine Notwendigkeit für ein weiteres Schiedsverfahren auf dem Balkan gab.

Die Chance und Möglichkeit eines EU-Beitritts bot diesen Ländern von Nordmazedonien über Albanien, Serbien und Montenegro bis Bosnien eine so attraktive Alternative, dass es sich lohnte, die Spannungen beiseite zu lassen.

Der Beitritt Bulgariens, Sloweniens und dann Kroatiens hat allen Staaten gezeigt, dass eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union durchaus eine realistische Alternative ist. Auch die Entwicklung dieser Länder war ein Beweis dafür, dass sich ein Beitritt lohnt. Nach 2013 änderte sich jedoch etwas. Westliche Experten formulieren dies damit, dass die sogenannte „Erweiterungsmüdigkeit“ die EU erfasst hat. Viele führende Politiker im Westen sagen, die Union solle jetzt eher vertieft als erweitert werden. Seien wir natürlich nicht so schüchtern und übersetzen diese wohlklingenden Sätze ins Ungarische:

Leider stellt die Kaufkraft dieser Beitrittsländer nicht so viele Möglichkeiten für westliche Unternehmen dar, wie es kosten würde, sich weiterzuentwickeln und aufzuholen.

Einfache Mathematik, aber es sollte um viel, viel mehr gehen. Außerdem über unsere Sicherheit. Geschäftskreise sind daran jedoch nicht interessiert. Und die Führung in Brüssel ist so, so schwach und hat in den Krisen nur noch weiter geschwächt. Die Finanzkrise, dann die Migrationskrise und schließlich die Coronavirus-Epidemie stellten die Brüsseler Führung vor solche Herausforderungen, in die – sagen wir es offen – ihr Messer einbrach. So blieb auch gegen die Finanzkreise keine Kraft mehr, die weitere Expansion durchzuführen. In den letzten Jahren haben die Balkanländer, die außerhalb der EU festsitzen, zwei Schlussfolgerungen gezogen:

einerseits, dass ihnen Brüssel eigentlich nur den Beitritt zusagt, und andererseits, dass es sich nicht unbedingt lohnt, dieser knarrenden, schwierigen Organisation anzugehören, die auf der Grundlage irgendeiner Zwiebel-Ideologie operiert.

Auch wenn Olivér Várhelyi nun das Amt des Ausbaukommissars innehat, der den Prozess ernsthaft beschleunigen will, reichen seine Bemühungen – mangels der Unterstützung der anderen – vorerst nur aus, um das Feuer zu löschen. Es ist kein Zufall, dass sowohl Várhelyi als auch die ungarische Regierung voll und ganz für die Integration der Balkanunion eintreten. Als unsere unmittelbaren Nachbarn verstehen wir Ungarn, worum es geht. Und hier müssen wir uns wieder der Sicherheit zuwenden:

Wenn die EU nicht zu einer absehbaren, realistischen und attraktiven Alternative für den Balkan wird, werden Konflikte und Spannungen untereinander wieder in den Vordergrund treten.

Darüber hinaus braucht man darüber nicht im Futur zu sprechen, da die Situation zwischen Kosovo und Serbien bereits der Vorbote des kommenden Sturms ist. Wir Ungarn wissen aus den 90er Jahren, wie es ist, in unmittelbarer Nähe eines Krieges zu leben. Tatsächlich erleben wir es immer noch, obwohl die Kämpfe in der Ukraine vorerst und glücklicherweise weiter von unseren Grenzen entfernt stattfinden. Eine gleichzeitige Überwachung der Ost- und Südgrenze würde jedoch die ungarischen Verteidigungskräfte enorm belasten und die ohnehin geringe Chance einer Eskalation weiter erhöhen. Ganz zu schweigen von der Migration, von deren Eindämmung in einem chaotischen Balkan kaum die Rede sein kann.

Der Frieden auf dem Balkan ist daher das grundlegende Interesse Ungarns und Mitteleuropas.

Ich sollte hinzufügen, dass es auch zu Westeuropa gehört. Nur sehen sie es von dort aus nicht. In der Nähe unserer Grenzen sind Kriegsmaschinen und Panzer erst seit 30 Jahren im Einsatz, im Westen war dies das letzte Mal im Zweiten Weltkrieg. Es geschah während des Zweiten Weltkriegs. Es wäre an der Zeit, dass sie auch dort die Sicherheitsaspekte Mitteleuropas hören und verstehen. Sie wären selbst besser dran.

Zoltán Kaszab / Sonntag

Abbildung: HétNapOnline